Und dann doch wieder Werkstätte?!

Vor einem Jahr lief auf VOX ein Fernsehprojekt. Im Hofgut Himmelreich gab man jungen Menschen mit Down Syndrom die Chance sich beim Betrieb eines Hofrestaurants im Schwarzwald auf dem 1. Arbeitsmarkt auszutesten. Zuerst unter Führung und später mit Hilfestellung sollte Küche und Service des Restaurants nach und nach von ihnen übernommen werden. Man wollte dabei Vorurteile abbauen, aber auch zeigen, dass Menschen mit Downsyndrom sich durchaus im Arbeitsleben zurechtfinden können, sowie ebenso aufklären, wie individuell jede Persönlichkeit doch an für sich ist. Für dieses Projekt erhielt das Team um Starkoch Tim Mälzer und Schauspieler André Dietz, der selber eine Tochter mit Behinderung hat, vollkommen zu Recht 2x den Grimme-Preis.

Nun ein Jahr später besuchte man die jungen Menschen, die mehrere Wochen lang daran teilgenommen haben, erneut. Hagelte es im Zuge der Doku noch zahlreiche Jobangebote und mein inklusives Herz schlug vor Freude über soviel Zuspruch Luftsprünge, so sieht es nach dem Abzug der Kameras nun wieder ernüchternder aus. Die meisten der Teilnehmer landeten zurück in ihrer Werkstätte. Eine Festanstellung als Zimmermädchen, eine Lovestory, sonst eher Kündigungen nach kürzester Zeit. Eine wirklich sehr aufgeweckte Teilnehmerin erhielt über 30 Absagen in ihrem Wunscharbeitsbereich KITA, unter anderem weil man sie nicht alleine mit kleinen Kindern in einem Raum lassen wollte. Ableismus in seiner Blüte. Aber oft auch ruderten die Eltern selber wieder zurück und bevorzugten zum "Schutz" ihrer Kinder die altbekannte Werkstätte. Diese geschützte Blase, damit ihr besonderes Kind auf dem 1.Arbeitsmarkt nicht verheizt oder gar unglücklich werden könnte.

Das ist das Dilemma, in dem sich Eltern von Kindern mit Einschränkungen eigentlich permanent befinden. Das, was durchgehend Bauchschmerzen bereitet. Wie mache es richtig für mein Kind? Womit wird es glücklich werden? Das überlastete Regelsystem in KITA und Schule, wo jeder der länger benötigt als die Masse, aber auch die die zu schnell sind, hinten runterkippen? Verbunden mit der Hoffnung Akzeptanz zu fördern und auch tatsächlich Chancen zu haben, auf eine ansprechende und entsprechend bezahlte Arbeit später? Oder aber das Fördersystem, mit eventuell mehr Personal zur Betreuung, Therapien vor Ort, aber gleichermaßen einer Ausgrenzung von der öffentlichen Wahrnehmung und am Ende doch irgendeine Arbeit in einer Behindertenwerkstatt, die monoton, wenig horizonterweiternd und unterbezahlt sonst Niemand anderes machen würde? Ohne Hoffnung, dass Andersartigkeit in der Gesellschaft irgendwann wirklich gelebt und nicht nur pallabert wird?

Keine Ahnung, was richtig ist.

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